Definition: Was bedeutet Greenwashing?

Der Begriff Greenwashing umfasst die Gesamtheit aller werberelevanten Maßnahmen im Rahmen einer Marketingkampagne bzw. der Öffentlichkeitsarbeit eines Unternehmens, die Verbrauchern und Anteilseignern suggerieren soll, dass bei der täglichen Arbeit eine ökologische Philosophie berücksichtigt, gefördert und wahrgenommen wird.

Greenwashing ist als Thema sehr umstritten und in der öffentlichen Wahrnehmung weitestgehend negativ behaftet. Dies liegt einerseits in einigen wesentlichen Skandale über den Missbrauch mit dem Vertrauen von Konsumenten und Finanziers begründet, denn vielfach verbirgt sich hinter der „grünen Philosophie“ ein reines Werbeversprechen, dem sich die Unternehmen nicht wirklich verpflichtet fühlen. Wiederum zeigte sich vielmehr, dass sich hinter den aggressivsten Werbekampagnen oftmals die größten Umweltsünder verbergen oder der Versuch, wahre ökologische Katastrophen zu kaschieren.

Krasse Beispiele für Greenwashing

Bei der Auswahl der Greenwashing-Skandale aus der Unternehmenswelt ist die Suche schnell beendet. Als Faustregel gilt: Je größer und internationaler die fragliche Firma agiert und je unwahrscheinlicher eine ökologisch korrekte Produktion innerhalb der entsprechenden Branche ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein grünes Image schlicht und ergreifend erlogen wurde.

Im Folgenden werden einige Beispiele erläutert:

BP und Greenwashing: Geschichte eines PR-Desasters

Am 20. April 2010 geschah auf der Explorationsbohrinsel „Deepwater Horizon“ im Golf von Mexiko die bis heute schwerste Ölkatastrophe: Rund 72.000 Barrel Öl traten fast zwei Monate lang täglich aus einem abgerissenen Bohrloch des britischen Ölkonzerns BP.

Dabei hat das Desaster ungebremst seinen Lauf nehmen können, weil einige entscheidende sicherheitsrelevante Maßnahmen bewusst oder unbewusst vermieden oder verhindert wurden – zum Vorzug finanzieller Vorteile, versteht sich.

So war BP in erster Linie um eine möglichst saubere PR-Darstellung bemüht, statt um eine rasche Aufklärung der Umstände, transparente Kommunikation und seriöse Zusammenarbeit für eine schnelle Eindämmung der Katastrophe. Gefälschte Fotos, Nachrichtenverbot zum Thema und die Zahlung von Schweigegeld bedeuten dabei die beinahe „klassische Strategie“ von Großkonzernen.

Während BP also in bester Manier eines aktiennotierten Soziopathen das mediale Desaster souverän zu bekämpfen weiß, wirkten die ersten Maßnahmen zur Bekämpfung der Ölkatastrophe hingegen regelrecht hilflos:

So versuchten die sogenannten, vermutlich selbsternannten Experten von BP und Transocean zunächst, das Öl direkt auf der Wasseroberfläche abzufackeln. Das ist einerseits aus verständlichen Gründen schwierig, denn Rohöl brennt erst ab einer Temperatur von 280 Grad Celsius und die Nähe zum Wasser ist dabei nicht unbedingt förderlich. Andererseits löst ein Verbrennen auch nicht da Problem, sondern verlagert es nur: In die Atmosphäre in Form von giftigen Abgasen, und wiederum ins Meer in Form von giftigen Verbindungen mit Wasser bzw. absinkenden Nebenprodukten wie teerige Öle, Asphaltklumpen und so weiter.

So versuchte man stattdessen, den Ölteppich mit im großen Stil ausgebrachten Mengen des Öllösemittels Corexit zu Mikrotröpfchen zu zerteilen: Nun schwamm statt mehreren Milliarden Litern Rohöl eine Chemiebrühe aus mehreren Milliarden Litern Öl und einigen Tonnen Corexit im Golf von Mexiko. Die aufgelöste Ölmenge sinkt dabei entweder als giftiger Chemiecocktail auf den Meeresboden und überzieht die dortige Tier- und Pflanzenwelt großzügig auf einer Fläche von mehreren tausend Quadratkilometern oder in Form weitgestreuter Mikrotröpfchen auf der Wasseroberfläche.

Die Kosten für die Aufräumarbeiten am Golf von Mexiko werden sich neuesten Schätzungen zufolge auf über 60 Milliarden Dollar belaufen – BP hatte jedoch schnell erklärt, man wolle diese Ausgaben möglichst umfassend steuerlich geltend machen. Die Schäden für die Umwelt und das Ökosystem im Golf sind dagegen nicht mit Geld aufzuwiegen.

Etwa zwei Jahre zuvor hatte BP – wie übrigens auch der Konkurrent Shell – damit begonnen, sein Image in breit angelegten Kampagnen grün anzustreichen: Ölförderung und Umweltschutz waren nun keine offensichtlichen Gegensätze mehr, sondern galten als vereinbar in einem zukunftsweisenden, ökologischen Produktionsansatz. Dass mit dem steigenden Bedarf auch der Transport des Rohöls immer größere Ausmaße annimmt, führt jedoch dazu, dass Havarien immer verheerender ausfallen – so fielen unpassenderweise in eben jene Greenwashing-Phase der Erdölindustrie einige der schlimmsten Umweltkatastrophen von der amerikanischen Golfküste über das Nigerdelta bis zur chinesischen Hafenstadt Dalian und die Ölsandsteppen Kanadas.

Die Fratze des freundlichen Riesen: RWE, ein Musterbeispiel an Greenwashing

Mit dem „Energieriesen“ hat der Energiekonzern einen Werbeavatar der besonderen Art ins Leben gerufen:

„Er ist 112 Jahre alt – genau wie RWE. Er ist groß, stark, freundlich, gut 60 Meter hoch, wiegt knapp 300 Tonnen und heißt einfach nur „Der Energieriese““, heißt es in einer Pressemitteilung. In Anlehnung an den beliebten Kinderhelden Shrek eröffnete RWE mit dem Energieriesen eine dreiste Kampagne mit Knuddelfaktor, die das Gebaren des Konzerns in ein unschuldiges Licht rücken sollte: „Dem Energieriesen wird unterstellt, er sei nur ein Ungetüm, das kleinere Unternehmen schlucke und nichts für die Umwelt tue“, beschwert sich das Unternehmen.

Dass RWE nur etwa 2 Prozent seiner Energie aus erneuerbaren Energien bezieht, marode Atomkraftwerke betreibt, über Einflussnahme wie Lobbyismus und Korruption auf die relevante Gesetzgebung einwirkt, wegen Kartellabsprachen verurteilt wurde und Gemeinden wie Kommunen über regelrecht kriminelle Knebelverträge phantastische Geldsummen aus dem Stadtsäckel absaugt, lassen Kampagne und Werbespot dabei völlig außer Acht:

Der Energieriese – der offizielle RWE-Werbespot als Director’s Cut in HD:

Die schönsten Gegenargumente wurden bereits von Greenpeace Deutschland zusammengetragen und in entsprechenden Persiflagen pointiert zusammengefasst. Daher wird hier kommentarlos auf die folgenden beiden Beiträge verwiesen, die als Gegenreaktion auf die RWE-Kampagne erstellt wurden:

Greenpeace: RWE – Richtig Wenig Erneuerbare Energien

Greenpeace: die Energieriesenlüge

Das Grüne M oder: Wie McDonald’s die Umwelt retten wollte

Als das Greenwashing salonfähig wurde, erkannte die McDonald’s Corporation die Gelegenheit, ihr mittlerweile schmuddeliges Image gewissermaßen rundherum zu erneuern. Dabei gab es auf dem Markt zwei generelle Tendenzen der Veränderung:

Erstens wurden elegante Cafés und schicke Snackbars besser besucht, der Gastronomie-Bereich erfuhr gewissermaßen einen mediterranen Kulturimpuls.

Zweitens wurde mit wachsendem Bewusstsein der Bevölkerung für eine gesunde Ernährung der Absatz der regulären Produkte schwerer. Man musste sich neu orientieren und so initiierte die Konzernleitung die grüne Revolution im Ursprungs-Unternehmen für weltweite Fett-und-Kalorienbomben.

Die ökologische Ausrichtung war jedoch nur oberflächlich: So enthält das „gesunde“ Salatdressing mehr Kalorien als ein Standard-Burger, Säfte und Milchshakes werden aus Konzentraten, Pulvern und unter Zuhilfenahme von reichlich Kristallzucker zubereitet, die Rohstoffe werden weiterhin unter Missachtung von Menschen und Umwelt in den Erzeugerländern Asiens, Afrikas und Südamerikas hergestellt; lediglich die Verpackungen und die Verkaufsflächen wirken insgesamt heller, moderner – und natürlich grüner.

Zu guter Letzt überlegte McDonald’s im Herbst 2009 laut über die Medien, ob man im Rahmen der Kampagne „going green“ das Rot des Firmenlogos mit einem frischen Grün ersetzen solle – „aus Respekt vor der Umwelt“, wie ein Firmensprecher erklärte. Die Sensibilität in der Bevölkerung für dieses Thema führte jedoch zu schweren Imageverlusten des Konzerns – man hatte offenbar mit einer weniger aufgeklärten Öffentlichkeit gerechnet.

Übrigens ist McDonald’s in Asien dafür bekannt als Arbeitgeber mit überdurchschnittlich vielen Karoshi-Fällen. Dieser Begriff entstammt dem Japanischen und bedeutet „Tod durch Überarbeitung“. So müssen Mitarbeitern von McDonald’s-Zulieferern in den armen Entwicklungsländern mit bis zu 100 Wochenarbeitsstunden rechnen.

Schlussbemerkung

Fragt man Unternehmen und Marketing-Experten, sind diese sich in der Regel einig: Es gilt das Credo: „Tu Gutes und erzähl davon.“ Das mag für Werbeexperten zwar generell einleuchtend klingen, doch schließlich zählen unterm Strich nicht die Versprechungen, sondern die tatsächlich erreichten Ziele.

Lügen verboten!

Dabei wird in der Werbung und der Außendarstellung von Unternehmen oder Strategien gerne die Wahrheit verdreht oder gänzlich haltlose Behauptungen aufgestellt. Werbung sollte jedoch kein Werkzeug sein, um die Verbraucher anzulügen. Im Optimalfall hebt die Werbung lediglich die Vorteile hoch – und darf Nachteile auch einmal verschweigen.

Schein oder Sein?

Dabei kann man als Faustregel festhalten: Je lauter die Werbung ruft, desto weniger steckt dahinter. Das stimmt natürlich nicht in jedem Fall. Es macht allerdings einen sehr großen Unterschied, ob ein Unternehmen einfach einen sinnvollen Mehrwert für sich und die Allgemeinheit in ökologischen Maßnahmen erkennt, oder man schlichtweg auf einfache Tricks setzt, um ein grünes Image zu suggerieren: Ein grünes Logo sagt wenig bis gar nichts über das ökologische Engagement eines Unternehmens aus. Auf Nachfrage erfährt man allerdings recht schnell, wie handfest eine grüne Kampagne wirklich ist; denn sinnvoll sind in erster Linie die innerbetrieblichen Maßnahmen für den Umweltschutz und die Energieeinsparung, sowie die Kombination der Maßnahmen miteinander.

So ist es sicherlich nett und PR-wirksam, eine Baumpflanzaktion neben dem Unternehmen durchzuführen; wenn die Fabrik aber über keine Filteranlagen verfügt, wird der frischgepflanzte Wald nicht lange leben.

Von innen heraus

Ein weiterer wesentlicher Faktor ist der Grad der Verbundenheit in der Firma mit einer ökologischen Ausrichtung. So ist es sicherlich nicht sinnvoll, aus einem äußeren Zwang heraus zu agieren und eine grüne Ausrichtung lediglich auf der Änderung des Konsumverhaltens der Kunden auszulegen.

Dagegen gibt es eine Reihe von Ansätzen, die aus einem tatsächlichen Umdenken heraus zur Marktfähigkeit gebracht wurden – die Branche der erneuerbaren Energien ist wohl eines der besten Beispiele: Eine Technologie, die noch vor rund dreißig Jahren als idealistische Träumerei angesehen wurde, treibt mittlerweile eine pulsierende Unternehmerlandschaft heran, hat zahlreiche Patente entwickelt und allein in Deutschland bis 2010 rund 300 000 Arbeitsplätze geschaffen.

Kosten und Nutzen ökologischer Ausrichtung

Ein weiterer Aspekt ist die Frage der Realisierbarkeit eines Projekts. Ein Unternehmen muss in erster Linie Umsatzgewinn generieren und so den Fortbestand von Produktion und Arbeitsplätzen zu gewährleisten. So ist es zwar im Ansatz schön, eine ganze Reihe von ökologischen Maßnahmen umzusetzen – sobald die Kosten dafür allerdings zu überbordend werden und das Unternehmen grundlegend gefährden, ist der langfristige, nachhaltige Nutzen ebenfalls hinfällig.